Die Corona-Krise hat uns in diesem Jahr einiges gelernt. Und jede Woche müssen wir uns neuen Herausforderungen stellen, die diese globale Pandemie mit sich bringt.
Schon früh, als der erste Lockdown uns allen zeigte, wie hart die Pandemie jeden von uns treffen kann, begannen einige, darunter der Publizist Matthias Horx, von der „Welt nach Corona“ zu phantasieren. Über vieles davon sollte man sich Gedanken machen, aber wir dürfen auch nicht vergessen: Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und mittlerweile ist immer die Frage nach der alten Normalität dominierend.
Ja, wir alle wollen die alte Normalität wieder, wollen verreisen, wieder so in die Zukunft planen wie früher, wollen die Gewissheit, dass sich der Geburtstag oder die Hochzeit in einem großen Rahmen feiern lässt.
Zurück zur Normalität?
Aber wollen wir wirklich in allen Bereichen zu dieser „alten Normalität“ zurück?
Eine Sache hat sich dieses Jahr nachhaltig insbesondere in unserer Region für die vielen Industrieunternehmen und deren Mitarbeiter gezeigt: Die oft hoch gepriesenen Innovationskraft und der ungetriebene Tatendrang der Unternehmer in unserer Region hörte überraschenderweise an vielen Stellen auf, wenn es um die Umstellung auf Home-Office ging.
Weder hinsichtlich der Hardware, noch der Software war man auf die scheinbar riesige Herausforderung, die Home-Office mit sich brachte, auch nur ansatzweise vorbereitet.
Der Lockdown kam, die Geschäfte mussten schließen und hinter vielen Firmenfassaden war man sich unklar: Wollen und müssen wir auf Home-Office umsteigen und wenn ja, wie sollen wir das überhaupt umsetzen?
New Work
Starten wir eine kleine Exkursion in das Thema „New Work“, das nicht erst mit Corona bekannt sein sollte. New Work dreht sich rund um die Frage: Wie wollen und auch müssen wir unsere Arbeitswelt in Zukunft verändern? Die Digitalisierung stellt uns vor riesige Herausforderung, aber auch vor große Chancen, wenn es darum geht, Arbeitsformen wie remote Arbeit oder flexible Arbeitszeiten umzusetzen. New Work ist die Individualisierung und Digitalisierung unserer Arbeit auf allen Ebenen. Aber auch ein Schlagwort, das sich bereits abgenutzt hat. So wie „Industrie 4.0“.
New Work kennt man aus Digi-Startups, aus hippen Unternehmen mit schicken Büros und vor allen Dingen aus der Theorie.
Eine praktische Form der neuen Arbeitswelt kennen viele (wahrscheinlich) schon: Das Home-Office mit seinen flexiblen Möglichkeiten.
2020 kam dann Corona. Und „New Work“ wurde vielen Unternehmen zwangsverordnet. Home-Office, remote Work und Team-Meetings über Microsoft Teams, Zoom, FaceTime & Co. waren nicht nur ferne Optionen für die Zukunft, sondern auf einmal Realität. Und – oh Wunder – man muss sich ja gar nicht in „Echt“ treffen, auch mit den Teams-Meeting lassen sich ja Ergebnisse erzielen.
Das sollte zumindest die Schlussfolgerung sein. Aber es hat sich auch anders gezeigt: Home-Office? Wollen wir nicht. Können wir nicht. Wollen und können wir nicht.
Das führte teilweise zu interessanten Arbeitsmodellen: Dreischichtbetrieb im Büro, damit sich weniger Kollegen begegnen, die Küche wird zum Arbeitsplatz und der Meetingraum wird zum Büro, damit weniger Personen in einem Raum sind.
Allesamt immerhin Formen einer Lösung. Ob das die Mitarbeiter aber als gut beurteilen? Wohl kaum.
Wollen wir nicht
Aber woher kommt die Abneigung gegenüber Home-Office?
Klar, Home-Office hat Nachteile. Nicht jeder arbeitet gerne alleine. Zu Hause gibt es mehr potentielle Ablenkungen, der Austausch mit Kollegen ist etwas eingeschränkt. Beruf und Privates verschwimmen. Und auf Seiten der Arbeitgeber: Der Mitarbeiter ist ja nicht mehr direkt kontrollierbar und in Griffweite, oh Gott!
Können wir nicht
Wer in seinem Industrieunternehmen jeden Tag mit seinem Windows XP Desktop-PC an Excel-Listen arbeitet, die nur zentral und nicht in der Cloud gespeichert werden, wird auf die Frage nach dem Home-Office vielleicht ein „Sowas machen wir nicht“ gehört haben. In den meisten Fällen steckt dahinter aber ein „Können wir nicht“.
Technologisch sind viele Firmen einfach noch nicht weit genug darauf vorbereitet gewesen, auf Home-Office umzustellen und das Schlagwort „Digitalisierung“ ist nur ein Wörtchen aus der Theorie, aber noch keine Praxis.
In Büros, wo mit zig dicken Papierordnern und großen Desktop-PCs gearbeitet wird, ist Home-Office einfach technisch (noch) nicht machbar.
Scheitern wir an der Digitalisierung?
Nicht nur, dass viele Unternehmen hinsichtlich ihrer technischen Ausstattung und IT-Infrastruktur scheinbar vorsintflutlich ausgestattet sind, was noch viel erstaunlicher ist, ist eigentlich Folgendes: In unserer Region Südwestfalen haben wir über 160 Weltmarktführer. Firmen, die oftmals als „Hidden Champion“ wahre Meister ihres Fachs sind. Der unbändige Trieb zur Innovation und zum Unternehmertum hat viele der großen Firmen dorthin gebracht, wo sie heute stehen.
Und es zeigt sich: Die Digitalisierung ist scheinbar noch eine große Baustelle und wurde bisher nur halbherzig umgesetzt. Eine Entwicklung, die man unbedingt beobachten sollte. Denn die Art und Weise, wie wir die Digitalisierung nutzen und uns damit auf dem Markt platzieren, bestimmt nachhaltig die Wettbewerbsfähigkeit.
Das gilt nicht nur aus der Perspektive des Kunden, der heutzutage mindestens erwartet, dass der Lieferant digital erreichbar ist, sondern insbesondere auch auf Seiten der Arbeitnehmer. Flexibles Arbeiten, Work-Life-Balance und Home-Office sind heutzutage Ansprüche, die von der Generation Z ganz selbstverständlich erwartet werden.
Und hier kommen wir zum nächsten Schlagwort: Fachkräftemangel. Wer die Digitalisierung für sich nutzt, gewinnt und bindet nicht nur mehr Kunden, er hat auch im Wettbewerb um ausreichend qualifizierte Fachkräfte einen großen Vorteil.
Kommen wir zurück zur Frage, die bereits eingangs schon aufgeworfen wurde: Zurück zur Normalität?
Die Corona-Krise wird sicherlich eine gute Sache haben: Die „aufgezwungene“ Digitalisierung durch die notwendige Umstellung auf Home-Office an vielen Stellen wird sicherlich eine Treibkraft sein, um die Digitalisierung auch bei uns voranzubringen.
Wer als Arbeitnehmer durch die Corona-Krise in das Home-Office musste und dessen Vorteile erfahren hat, wird sicherlich auch später mal die Frage nach der Möglichkeit, auch mal von zu Hause aus zu arbeiten, stellen. Auch ohne Pandemie.
Und wie haben wir das bei MEDIENWERK gemacht?
Der erste Lockdown hat auch uns getroffen: Wir haben die Agentur und das Studio geschlossen und unsere Meetings fortan über Microsoft Teams gemacht. Erst irgendwie ein bisschen komisch, mittlerweile vollkommen normal.
Technisch herausfordernd ist das Thema Home-Office für unsere Leistung Film: Nicht selten geht es hier um große Datenmengen mit 300 bis 500 GB pro Projekt und für die Bearbeitung wird Rechenleistung benötigt, die wohl kaum jemand bei sich im privaten Büro stehen hat. Aber auch das haben wir gelöst: Unser Team Film hat sich einfach unsere starken iMacs nach Hause geholt und der Datenaustausch erfolgte über schnelle SSD-Festplatten. So war auch der Filmschnitt von zu Hause kein Problem.
Aktuell sind wir immer drei Personen im Büro mit genügend Abstand, die Kommunikation und unsere Team-Meetings laufen weiterhin über Microsoft Teams und unsere Telefonanlage aus der Cloud. So sind unsere Mitarbeiter übrigens auch zu Hause und theoretisch sogar weltweit über unsere Lennestädter Festnetznummer zu erreichen.
Und eine Sache hat sich auch bei uns verändert: Um unser Wachstum weiter voranzubringen, haben wir nicht nur kürzlich einen neuen Standort in Köln gegründet, wir werden auch weiterhin stärker auf dezentrales Arbeiten setzen. Der Grund ist einfach: Unser aktuelles Büro bietet nur Platz für sechs Arbeitsplätze. Wir sind derzeit aber schon 13 Mitarbeiter. Um weiter zu wachsen, bis wir die nächst größere Bürofläche nutzen können, werden wir also ganz bewusst auf das Thema Home-Office setzen.
Dazu passt meine Einstellung als Arbeitgeber: Wo und wann gearbeitet wird, ist egal, Hauptsache, das Ergebnis wird im Zeitrahmen und in der vereinbarten Qualität erreicht.
In diesem Sinne: Arbeiten wir weiter an der umfassenden Digitalisierung und nutzen die Krise (Achtung, wieder ein abgegriffenes Sprichwort!) als Chance.
Bleibt gesund!